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  • Elena Willi

«Bravo, Girl!»

«Ich denk, ich denk zu viel» (2021) von Nina Kunz


Wer kriegt heute noch unerwartet ein Paket zugestellt? Mich zumindest erreichen solche Freuden höchst selten. Da ich aber das Glück habe, eine geniale Schwester zu haben, die sich ebenfalls für Bücher begeistert, überraschte sie mich mit einem Buch per Post.


Es war ausserdem nicht einfach lieblos in eine Kartonschachtel gelegt worden, sondern in mit Federn bedrucktes Geschenkpapier gehüllt und mit einer von Hand geschriebenen Karte begleitet. Das Papier und den Text der Karte könnte meine Schwester selbst wählen, wie sie mir später erzählte – noch heute bin ich begeistert von dieser Idee der Buchhandlung Lüthy. (Keine Werbung!)



Nun soll es hier aber um den Inhalt des Buches «Ich denk, ich denk zu viel» von Nina Kunz gehen und nicht um grandiose Geschäftsideen Schweizer Buchhandlungen. Das Buch blätterte ich schon einige Wochen lang immer wieder durch, wenn ich es in einem Buchladen sah. Besonders der Titel begeisterte mich, weil ich mich und ungefähr jede meiner Freundinnen darin erkenne.


«Over-thinking» nennen wir es jeweils, wenn wir eine Sache gedanklich so genau auseinander nehmen, die Dinge zerreden, sie schlicht und einfach etwas zu sehr überdenken. Am Ende sind wir dann meist nicht schlauer als am Anfang – eher emotional verwirrter.


In der Textsammlung gibt Nina Kunz Einblick in ihr Gedankenkarussell, auf dem sie im Gegensatz zu mir oft zu fruchtbaren Erkenntnissen gelangt. Sie verbindet ihre Fragen ans Universum mit Aussagen und Schriften von bekannten Philosoph*innen und anderen Vieldenker*innen.


Diesen Juli hatte ich das Glück Nina Kunz am Literaturfestival im Kaufleuten lauschen zu dürfen. Wo sie über ihr Buch sprach und einige Seiten vorlas. Darunter war auch der Text «Bravo Girl», der mir besonders gefällt.


Darin spricht Nina Kunz vom Einfluss des bekannten Magazins, vom eigenen Körper- und Frauenbild und wie sie heute damit lebt. Schon als ich den Text las, wollte ich applaudieren und rufen: «Bravo, Girl». Klingt vielleicht etwas übertrieben, aber lest selbst. Natürlich ist es nicht der erste feministische Text, den eine junge Frau geschrieben hat – zum Glück nicht. Und hoffentlich werden noch viele folgen!


Mich haben die Texte, jeder einzelne, tief berührt. Sie sind ehrlich, Nina Kunz hat eine unglaublich schöne Sprache und ich fühlte mich verstanden. Sie schreibt vom Uni-Alltag, von Beziehungen, von Einsamkeit: Dinge, die mir allesamt nicht fremd sind. Es gibt nicht viele junge Schweizerinnen, die Bücher zu ihren Gedanken veröffentlichen und mir auf gewisse Weise so nahe sind.


Das Buch ist aber nicht bloss eines für Frauen, die zu viel denken. Es ist eines für alle, die gerne mit Leichtigkeit an komplexe Themen herangeführt werden. Nie hat mir jemand Jean-Paul Sartre so simpel und klar beschreiben können.


Zum Schluss möchte ich noch einen Dank schreiben: Zum einen an meine Schwester, weil sie mir die Lektüre schenkte und zum anderen an Nina Kunz, weil sie uns in ihren Kopf lässt und weil das verdammt mutig ist. Danke.


Tschäse und Bussi

Elena

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