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  • Elena Willi

Ein feministischer Sommer im Dezember

"How to Have Feminist Sex" (2019) von Flo Perry



Ich gehöre zu den Menschen, die in Buchhandlungen gerne mit den Angestellten tratscht, etwas über ihre Lieblingsbücher erfährt oder ihre neusten Lese-Tipps abholt. Nur selten bin ich zielstrebig auf der Suche nach genau einem Buch, von dem ich schon Titel und Autor weiss.


An einem dieser seltenen Tage musste der Buchhändler ins Lager, um nach meinem gewünschten Buch zu suchen - ich selbst habe schon wieder vergessen, welches es war. Natürlich kann ich mich in solchen Situationen nie der Schönheit all dieser Werke um mich herum entziehen.


So habe ich auch an diesem Wintertag, während es draussen grau und kalt war, meine Augen über die Buchrücken schweifen lassen, bis mein Blick hängen blieb: How to Have Feminist Sex stand da. Zwischen den grossen Schinken in denen es eingeklemmt war, hätte das schmale violette Buch beinahe untergehen können.


Ich zog es heraus und begann zu lesen. Auf den ersten Seiten stellt Flo Perry, die Illustratorin und Autorin, sich selbst vor. Sie führt die Lesenden, als würde sie sich mit einer ihrer Freundinnen unterhalten, durch ihren «Graphic Guide».





Plötzlich wurde ich aus der Lektüre gerissen, weil der Buchhändler aus dem Lager zurück war und mir mitteilte, dass er mein gesuchtes Buch nicht fand. Ich sagte, dass sei kein Problem, ich würde es bestellen und kaufte stattdessen How to Have Feminist Sex.


Nie werde ich den Blick vergessen, mit dem er den Titel des violetten Buches las, um mich dann von Kopf bis Fuss zu mustern. Mit hochgezogenen Augenbrauen und fast unmerklichen Kopfschütteln scannte er den Strichcode und sagte knapp: «19 Franken 90». Wie er mich so anblickte, fühlte ich mich abgestempelt. «Wiedermal so eine, die einen auf feministisch macht.» So oder so ähnlich stellte ich mir seine Gedanken vor.


An diesem Tag konnte mir das glücklicherweise nicht viel anhaben. Ich bedankte mich und wünschte ihm etwas überfreundlich noch einen «ganz schönen Tag». Zuhause begann ich gleich das Buch zu lesen. Die Bilder, die Sprache, alles an dem Buch machte mir Freude. Wie Flo Perry es schafft in all den Themen, die mit viel Scham und Unsicherheit behaftet sind, so viel Humor zu behalten tut gut.


Der Ernst der Sache geht dabei nicht verloren, aber es wird etwas leichter, wenn man merkt: «Ich bin gar nicht die einzige Person auf diesem Planeten, die sich solche Fragen stellt.» Es geht um Selbstbefriedigung, Stress, Ekel, Grenzen setzten, monogame Beziehungen und natürlich noch vieles mehr.


Es war zwar Winter, aber wenn ich ans Lesen zurückdenke, fühlte ich mich sommerlich leicht. So, wie wenn draussen der Himmel knallblau ist, du bis nach Zehn Uhr abends ohne Jacke draussen sein kannst und der Eiskaffee zu deinem Standardgetränk wird – was im Dezember in der Schweiz bestimmt nicht der Fall ist.


Flo Perry hat mir mitten im Winter einen feministischen Sommer geschenkt und dafür danke ich ihr. Das Buch eignet sich dazu, es einfach in der Wohnung (oder wo man gerade lebt) herumliegen zu lassen. Allein schon der Titel verleitet zum Lesen - unabhängig vom Geschlecht. Und vielleicht ergeben sich daraus spannende Unterhaltungen mit euren Mitbewohner*innen.


Tschäse und Bussi

Elena



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