«Alef» von Katharina Höftmann Ciobotaru (2021)
«Wow.», denke ich, als ich die letzten Seiten des Buchs «Alef» von Katharina Höftmann Ciobotaru lese und den Buchdeckel zuklappe. Wie viel Geschichte, Wissen, Ideen und Leben die Autorin in ihrem Werk versammelt, lässt mich kurzzeitig erstarren.
Der Zustand währt aber nur kurz, dann mache ich mich daran, allen von dem Buch zu erzählen und sie ebenfalls fürs Lesen zu begeistern. Das ist etwas, das mir oft passiert, wenn ich ein Buch für so lesenswert halte, dass ich es mit allen teilen will.
«Was, wie heisst das Buch? Oliv? Ist es auf Englisch geschrieben?», fragt mich jeder und jede, dem in den Titel nenne. «Nein, Alef, mit A und auf Deutsch, nicht Englisch», entgegne ich und lache, als ich gefühlt zum hundertsten Mal denselben Gesprächsanfang führe. Durch die Unterhaltung über den Titel kann ich dann jeweils gleich nachschieben, dass «Alef» der erste Buchstabe des hebräischen Alphabets ist.
Katharina Höftmann Ciobotaru beginnt ihr Buch auf gewisse Weise wirklich bei A, am Anfang. Über die Hälfte des Buches nimmt sie nämlich Anlauf auf die Geschichte, die einem der Klappentext eigentlich verspricht. Denn da heisst es, das Buch handle von der Liebesgeschichte zwischen Maja und Eitan. Zuerst rollt die Autorin aber die Familiengeschichten der beiden Protagonisten auf: Sie geht zurück in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, als die Grosseltern der beiden lebten und tastet sich langsam nach vorne.
Langweilig ist das Buch trotz dieser grossen Ausholung nicht. Vielmehr ist es vollgepackt mit Geschichte: behandelt Konflikte des vergangenen Jahrhunderts und wechselt immer wieder den Schauplatz vom Irak, nach Israel und Deutschland.
Eitan ist Jude und lebt in Israel. Maja ist in Deutschland aufgewachsen. Beide sind in eine Welt geboren, die bereits Geschichte geschrieben hat. Für manche ist es eine Geschichte des Grauens, für manche eine von Schuld. Wie sie mit diesem Erbe umgehen, könnt ihr in «Alef» lesen.
Es ist Höftmann Ciobotarus erster literarischer Roman und ich hoffe, es werden noch weitere folgen. Sie spricht die Fragen nach Schuld, Identität und den Zufall der Begegnungen an. Und sie zeigt, wie alle unsere Leben auf teils unmerkliche Weise miteinander verwoben sind.
Persönlich bin ich eine grosse Liebhaberin von Büchern, die mir real passierte Weltgeschichte in Verbindung mit einer fiktiven Erzählung vermitteln. Sie ist für mich auf diese Art leichter zugänglich, als ein dickes Geschichtslexikon durchzukauen - obwohl ich Geschichtsstudentin bin. Allen, denen es ebenso geht kann ich «Alef» nur ans Herz legen.
Tschäse und Bussi
Elena
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